, meyerSüße Genüsse mit Nebenwirkungen
Öl auf Leinwand 2008

Der Herbst der Schokoladen: Unter dem Titel „Autumn of Chocolates“ stellt der international erfolgreiche Bielefelder Künstler Heiner Meyer vom 24. Oktober bis zum 24. November in der Speyerer Galerie „Kulturraum“ aus. Zu sehen sind 54 groß- und kleinformatige Gemälde.

Autor: Monika Portenlänger

Zu sehen in der Speyerer Galerie „Kulturraum“ vom 24. Oktober bis zum 24. November, dienstags bis freitags, 14 bis 19 Uhr, samstags, 11 bis 17 Uhr, und sonntags, 14 bis 17 Uhr
Zur Eröffnung heute, 19.30 Uhr, spricht Peter Eichhorn einführende Worte. Den musikalischen Rahmen gestalten Saxofonist Lömsch Lehmann und Gitarrist Michael Beutelspacher.

Süße Genüsse gibt‘s direkt nur auf drei Gemälden – in Form von Pralinen. Dennoch trifft der Titel „Autumnof Chocolates“ auf die gesamte Werkschau zu: Bunt, verführerisch, kunstvoll komponiert, dekorativ und leicht konsumierbar wie süße Pralinen oder Werbeplakate leuchten die Bilder von den Wänden.

In einer wirtschaftlich unsicheren, durch die Finanzkrise gekennzeichneten Zeit wie der heutigen entführen Meyers Bilder in die wirtschaftliche Aufschwungs- und Blütezeit der 1950er und 60er Jahre, zelebrieren den „American Way of Life“. Sein Hauptaugenmerk liegt dabei auf den großen Leinwand-Idolen der damaligen Zeit.

Meyer zitiert in seinen Öl- und Schellack-Gemälden, teilweise unter Verwendung von Fotografien und durch Belichtungen auf Pergament, Hollywood-Ikonen wie Audrey Hepburn, Marilyn Monroe, Grace und Gene Kelly, Clint Eastwood und James Dean. In Verbindung von Pop- Art und abstrakt-expressiver Malerei spielt er mit ihren Mythen.

Durch Verschleierung, Verfremdung und Neucodierung interpretiert er sowohl ihre Bedeutung als unsterbliche Leinwandhelden wie auch als erfolgreiche Werbeträger der Konsumindustrie. Darin gelten sie noch heute als Inbegriffe von Schönheit, Luxus, Erotik und Wohlstand – als Inbegriffe eines mittlerweile schon nostalgisch betrachteten „Glamour“ – so auch der Titel einiger Gemälde. Auch Comic- und Leinwandstars aus Disneys Filmfabrik wie Mickey Mouse und Donald Duck, die Meyer häufig in seinen Bildern zitiert, symbolisieren den sorglosen Optimismus jener Zeit.

Der Bielefelder Künstler bedient sich bewusst der Motive und Ikonen von Pop-Art-Künstlern wie Andy Warhol und Roy Lichtenstein. Dabei verfolgt Meyer jedoch nicht deren Absicht, die Traumfabrik wirklichkeitsgetreu darzustellen, den Blick eindimensional auf die gegenständliche Welt zu richten und diese distanziert zu betrachten.

Mit dem Abstand mehrerer Jahrzehnte führt er sie in Verbindung mit expressiv gemalten Würfeln, Punkten und Schriftzügen in neue Zusammenhänge und zieht die niemals aus der Werbung verschwundenen Ikonen so in die aktuelle Kunst. Erhabenes und Triviales mischt Meyer sorglos, indem er die Büste der Venus von Knidos mit langen Frauenbeinen in Strapsstrümpfen kombiniert. In Anlehnung an Andy Warhols „Campbell‘s Soup Cans“ türmt er mit Siebdruck auf Holz bemalte „Botox-Boxen“ übereinander – die käuflich erwerbbare Sehnsucht nach ewiger Schönheit mit Nebenwirkungen.

2018-07-19T10:51:42+02:00